Was eigentlich ist die Postmoderne?

Teil II

Das Ende der Großen Erzählungen

Kunstepochen sind selten nur auf die Kunst beschränkt, sondern umfassen oft das gesamte gesellschaftliche und politische Leben. Sie beschränken sich auch selten nur auf die bildende Kunst, sondern wirken hinein in die Bildhauerei, die Architektur, in die Ge-brauchsgegenstände.

Insofern wäre der Begriff Kulturepoche wohl eher angesagt. Wenn dem so ist, sind aber auch sofort andere Disziplinen mit von der Partie, insbesondere die Philosophie, Soziologie, Psychologie. Die Kunst-philosophie beschäftigt sich mit philosophischen Fragen der Kunst.

Die Philosophen haben sich zu allen Zeiten mit Fragen der Kunst beschäftigt. So beschäftigten sich schon Platon und Aristoteles mit Fragen der Ästhetik. Ihren Kulminationspunkt erreicht die griechische Ästhetik bei Aristoteles (384–322 v. Chr.). Der große Denker des Altertums entwickelte seine ästhetischen Anschauungen aus Untersuchungen der vorhandenen griechischen Kunst (Drama, Epos, Musik, Plastik, Malerei). Grundlegend für die Geschichte der Ästhetik wurde sein Versuch, die Dialektik von Wesen und Erscheinung und ihre Beziehung zum Kunstschönen zu bestimmen. Bei Aristoteles gilt die künstlerische Nachbildung nicht dem einzelnen, im Auffälligen bleibenden Objekt. Sie richtet sich auf sein Wesen und Gesetz, auf die Tendenz der Natur bei der Bildung des Gegenstandes. Dessen Idealisierung gemäß seinem Charakter sei darum die künstlerische Aufgabe.

Kommen wir zurück zur Postmoderne, dann landen wir u.a. bei zwei französischen Philosophen. So schreibt Jean Baudrillard (1929 – 2007), dass die postmoderne Welt als eine durch das Fernsehen hergestellte Welt sei, in der permanent alles seinen medialen Ausdruck findet, in der die Wirklichkeit bloß noch simuliert wird und wir letzten Endes nicht wissen, ob es das, was wir Realität nennen, überhaupt jenseits der medialen Simulation und virtuellen Realität gibt. Im Teil I zur Post-moderne sind wir kurz darauf eingegangen.

Jean-François Lyotard (1924 – 1998) gehört mit seiner These vom Ende der großen Erzählungen zu den wichtigsten Theoretikern der Postmoderne. Er sieht Wissenschaft als neue Wissensform, die mit dem Problem der eigenen Berechtigung konfrontiert ist.

Dafür schlug er zwei mögliche Legitimationserzählungen vor:

Nach Lyotard gelingt es beiden „großen Erzählungen“ nicht, eine allgemein verbindliche wissenschaftliche Rationalität zu legitimieren, wie dies etwa die Erkenntnis- und Wissenschaftstheorien der Aufklärung, des Humanismus und einiger Vertreter idealistischer Philosophie postuliert hatten.

Derartige Projekte fasste er unter dem Ausdruck „Moderne“ zusammen. Die spekulativ-philosophische Legitimation zerfalle, indem sie erkenne, dass ihr zentrales Prinzip, das Leben des Geistes, auch nur eine Interpretation unter vielen sei. Die emanzipatorische Legitimation sei unhaltbar, da sie die Verbindlichkeit ihrer eigenen Regeln nicht herleiten könne. Auch könne sie zu ästhetischen und praktisch-moralischen Fragen keine Stellung beziehen.

Neben diesen beiden großen Erzählungen gibt es viele andere, die es heute schwer haben in der postmodernen Welt zu bestehen. Die ältesten Erzählungen sind die Religionen. Die christlichen Religionen haben einen Mitgliederschwund zu verzeichnen, der existenzbedrohlich werden kann. Der großen Erzählung eines Heilsversprechens glauben immer weniger Menschen. Der Kommunismus und Sozialismus ist an seinem eigenen Gleichheitsprinzip gescheitert.

Mag Martin Schulz an etlichen seiner Fehler gescheitert sein, aber kann es nicht auch sein, dass immer weniger Menschen an eine soziale Gerechtigkeit glauben, schließlich stellte die SPD 7 Jahre unter Gerhard Schröder den Kanzler und war sie 8 Jahre in den Regierungen Merkel verantwortlich für das Soziale im Lande; soziale Gerechtigkeit ebenfalls nur eine der großen Erzählungen?

Das größte Friedensprojekt Europas, die EU, zerfällt zusehends in nationale Egoismen, der Brexit tut ein Übriges. Ein Lebensraum von über 500 Mio. Menschen erschöpft sich im Klein-Klein und regelt die Krümmung der Banane. Noch nie in der Geschichte der EU machten Populisten, Nationalisten und Rechtsradikale so von sich reden, wie in den letzten Jahren,  EU also eine Insel inmitten von Krieg, Armut, Terror ohne Lösungen anbieten zu können?

Warum also werden die großen Erzählungen zusehends obsolet?

Es wird alles in Frage gestellt!

Dazu zählen die Kritik an den Eliten in Politik und Wirtschaft und deren Versagen zumindest in den Augen vieler gesellschaftlicher Schichten, insbesondere der Abgehängten; dazu zählen Brüche und Verschiebungen innerhalb der Gesellschaft und damit die Auflösung gesellschaftlicher Normen.

Stichworte sind:

  • prekäre Arbeitsverhältnisse, Mini Jobber, Ein-Euro Jobs, Schein- selbständigkeit, Werkverträge, Hartz IV
  • Finanzkrise, Immobilienkrise
  • Fremdenfeindlichkeit, Pegida, Erstarken des Rechtsextremismus
  • Exorbitante Zahlungen trotz Fehlverhaltens (Beispiel Winterkorn)
  • Selbstbedienung von Abgeordneten, exorbitante Nebeneinkünfte, Aufwandsentschädigungen ohne Nachweis
  • Infragestellung staatlicher Institutionen: Polizei, Rettungsdienste, Behörden
  • partielles Versagen des Staates (Beispiel Flüchtlingskrise, Silvester-Nacht Köln), Vertuschung, mangelndes Verantwortungsbewusstsein, Schuld sind immer die Anderen, vor allem „die in Berlin“
  • Populismus
  • EU-Feindlichkeit
  • Lügenpresse, Fake-News
  • Gewaltexzesse